Die Herrschaft der Mauren

Die Herrschaft der Mauren

Ab 711 n.Chr. begannen nord- und ostafrikanische Truppen die iberische Halbinsel nach und nach fast vollständig zu besetzen. Dies war der Beginn der Herrschaft der Mauren, die fast 800 Jahre andauern sollte. Schon aufgrund dieser langen Dauer war der Einfluss des Arabischen auf die Entwicklung der spanischen Sprache erheblich. Die Mauren hatten zu dieser Zeit eine hoch entwickelte Kultur und Wissenschaft. Die sprachlichen Beeinflussungen erstreckten sich unter anderem auf die Bereiche Militär, Landwirtschaft, Kultur und Architektur. Sprachwissenschaftler gehen davon aus, dass es heute 1300 spanische Wörter arabischer Herkunft gibt, darunter auch Ortsnamen. Andere sprechen sogar von 4000 Wörtern oder 8% des gesamten Wortschatzes, von denen viele nicht mehr in Gebrauch sind.

Hier einige Beispiele:

Militär alcazaba : Festung, festes Schloss
Jinete : Angehörige der leichten Reiterei, Jockey
Landwirtschaft, Bewässerungstechnik Acequia : Bewässerungsgraben
Zanahoria : Karotte
Berenjena : Aubergine
Azúcar :  Zucker
Algodón : Baumwolle
Aceituna : Olive
Aceite :  Öl
Arbeit, Handwerk: Tarea : Arbeit, Aufgabe
Taza : Trinkschale, Tasse
Marfil : Marmor
Handel Arancel : (Steuer- Zoll)tarif
Tarifa : Preisliste, Tarif
Aduana : Grenze
Almacén : Lager
Architektur Barrio : Stadtviertel
Albanil : Maurer
Almohada : Kissen
Alfombra : Teppich
Verwaltung Alcalde : Bürgermeister
Wissenschaften Algoritmo : Algorithmus
Àlgebra : Algebra
Cifra :  Ziffer
Alcohol : Alkohol

Innerhalb von 8 Jahren war fast die ganze iberische Halbinsel besetzt. Auf großen Widerstand stießen die Mauren nicht. Nur im äußersten Norden wurden einige wenige Gebiete nicht unterworfen. Dort begann auch die so genannte „Reconquista“, die Rückeroberung, allerdings erst einige Jahrhunderte später. Spanien wurde zu einer Provinz des moslemischen Reiches und hieß von nun an „Al-Andalus“. Die Herrschaft der Mauren endete erst 1492 mit der Rückgabe von Granada.

Die Reconquista (Rückeroberung) und die Entstehung einer einheitlichen Volkssprache

Die Reconquista ging einher mit dynastischen Umgruppierungen der Königreiche im Norden Spaniens. Wie immer beeinflusste die Politik auch die Weiterentwicklung der Sprache. Aber der Reihe nach. Außerhalb des maurischen Einflussbereichs, in dem sich mozarabische Dialekte bildeten, war die Sprache natürlich noch stark vom Volkslatein beeinflusst. Es entwickelten sich das romanische Dialekte [Romance]. Im Nordwesten entstand das Galicisch, woraus sich das Portugiesisch entwickelte. Portugal wurde 1139 unabhängig.

Weiter im Osten entstand die Grafschaft Kastilien – von lateinisch „Castella“ – Burgen. Sie erweiterte ihren Einflussbereich immer weiter nach Süden und führte die Rückeroberung konsequent weiter. Im 10. Jahrhundert wird die Grafschaft politisch autonom, ab 1230 bestand das Königreich Kastilien-Leon. Im Nordosten (Rückeroberung der Grafschaft Barcelona 801) entstand das Katalanische, beeinflusst durch das Okzitanische, das ihren Einfluss im Zuge der Reconquista bis nach Valencia ausdehnte.

Besonders verdient gemacht um den weiteren Ausbau der kastilischen (spanischen) Sprache hat sich der König Alfons X, auch der Weise genannt (1221-1284), der von 1252-1282 König von Kastilien und Leon war. Unter seiner Regentschaft wurde der kastilische Hof zum wichtigsten kulturellen Zentrum Spaniens im Mittelalter. Er trat vor allem als Förderer von Wissenschaft und Kultur in Erscheinung, weniger als Staatsmann. Er gilt als Schöpfer der kastilischen Prosa. Die wichtigsten juristischen Werke aus dieser Zeit sind die Siete Partidas, in denen das geschriebene römische Recht und das spanisch-west-gotische Gewohnheitsrecht in sieben Teilen zusammengetragen wurden. Es handelt sich um eine Sammlung von fast zweieinhalbtausend Gesetzen, die das Rechtssystem grundlegend erneuerten. In dieser Zeit drang das Kastilische in die Bereiche Literatur, Justiz und Wissenschaften ein, das Lateinisch wurde stark zurückgedrängt und beschränkte sich von nun an hauptsächlich auf den liturgischen Bereich. Dies erforderte eine intensive Weiterentwicklung von Syntax und Wortschatz, um die neuen Sachverhalte ausdrücken zu können. Es wurden zahlreiche fachsprachliche Ausrücke neu aufgenom-men. Als Quellen dienten Latein und Arabisch.

Aber bereits unter seinem Vorgänger, Ferdinand III (1217-52) wurde das Kastilische offizielle Kanzleisprache und galt daher für alle Gesetzestexte, ungefähr 300 Jahre früher als in Frankreich, wo Franz I. in Villers-Cotterêts 1539 das Französische zur Kanzleisprache erhob.

Ein wichtiger Schritt zur Einigung Spaniens war die Eheschließung von Ferdinand von Aragón mit Isabella von Kastilien 1471, genannt die „katholischen Könige“. Sie vereinigten ihre Königreiche, beendeten die Reconquista und eroberten am 2. Januar 1492 Granada. Damit war die maurische Besetzung beendet. Papst Alexander VI verlieh ihnen diesen Titel 1496 in Anerkennung ihrer Leistungen für die religiöse Einigung ihres Landes

1492 war ein Schlüsseljahr in der gesamten spanischen Geschichte. Am 12.Oktober dieses Jahres ging Christoph Columbus bei einer amerikanischen Insel vor Anker. Er glaubte aber Zeit seines Lebens, Asien entdeckt zu haben. Aber dazu später.

Am Hof der Katholischen Könige wurde auch weiter an der Vereinheitlichung der spanischen Sprache gearbeitet. Der spanische Humanist und Philologe Antonio de Nebrija (1441-1522) veröffentlichte im selben Jahr die erste Grammatik der kastilischen (spanischen) Sprache.

Spanisch? Kastilisch? Oder was?

Im Mittelalter gab es keine feste Bezeichnung für das Kastilisch castellano, man sprach eher vom romance castellano. Der Name español setzte sich erst im 16.Jahrhundert durch. In den benachbarten Königreichen wurde er jetzt immer häufiger verwendet, in den im Ausland erschienenen Grammatiken und Wörterbüchern wurde grundsätzlich immer von der lengua española gesprochen, so auch in Deutschland, wo nur von Spanisch gesprochen wird und der Begriff Kastilisch unbekannt ist. Hier wird aber auch deshalb „Kastilisch“ verwendet, um den Unterschied zum Katalanischen, Galicischen und Baskischen herzustellen, denn auch sie gelten in der Wissenschaft als eigene Sprachen.

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